'Vollversammlung' des FB 03 - unser Statement
Am 15.02.21 fand eine Vollversammlung des Fachbereichs 03 mit Dekanat und Uni-Präsidium anlässlich der geplanten Kürzungen und Stellensperren im Fachbereich statt.
Ihr habt davon nichts gehört? Kein Wunder!
Denn die Teilnehmer:innenzahl wurde bewusst auf 40 Personen begrenzt, obwohl diese digital stattfand!
Studentischen Protest haben wir in Form des folgenden Eingangsstatements samt unserem Sofortprogramm vorgetragen. Außerdem haben wir eine kleine Erinnerung am Präsidiumsgebäude hinterlassen.
Wie es weiter geht erfahrt ihr in den nächsten Tagen über unsere Social Media Kanäle und hier.
Wenn ihr ebenso empört seid wie wir, dann kontaktiert uns und kommt gern zu unseren Treffen!
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Guten Morgen,
ich spreche für die Initiative der Studierenden, die sich wegen der Einsparmaßnahmen gegründet hat.
Zunächst einmal möchten wir die Beschränkung der Teilnehmer:innenanzahl dieser Vollversammlung kritisieren. Das ist auch der Grund, weswegen hier heute mehr Studierende anwesend, als eingeladen sind (eingeladen 3, anwesend 13). Während wir Studierende in Seminaren mit über 100 Leuten sitzen und Vorlesungen teilweise mit noch mehr Studierenden stattfinden, soll für einen guten Austausch auf dieser sogenannten 'Vollversammlung' - diese auf bis zu 40 Teilnehmer:innen begrenzt werden?
Das empfinden wir - im Anbetracht der Realität am Fachbereich - als Hohn, aber auch als Bestätigung dafür, dass Seminare mit 60 Studierenden UND MEHR einer qualitativen Lehre im Weg stehen.
Wir haben das Gefühl, dass diese Situation am Fachbereich uns nicht ermöglicht - mehr als nur Halbwissen zu erlangen. Dies zeigt sich sowohl im Inhalt als auch in der Form unseres Studiums.
So basiert dieses immer mehr auf Abgaben und Prüfungsleistungen, statt auf wirklichem Austausch und Diskussionen. Was sich auch wieder verschärft im Kontext der Onlinelehre zeigt. Solche Umstände verhindern, dass wir die Möglichkeit bekommen unser Studienfach in voller Tiefe zu erfassen.
Aber auch der Informationsfluss zu der Studierendenschaft ist häufig spärlich.
Zum Beispiel haben wir, Im Gegensatz zu den Professor:innen am FB, erst Anfang November von der längst verhängten Haushaltssperre sowie den geplanten Kürzungen erfahren. Als diese wie aus dem Nichts, ohne vorherige Information, als Tagesordnungspunkt in den Gremien aufkam.
An dieser Stelle möchte ich aus unserer Stellungnahme zitieren:
"Ganz besonders während der Corona-Pandemie kann die Lösung der gesamtgesellschaftlichen Krise nicht darin bestehen, die Wissenschaft und die Lehre für Aufklärung einzudämmen und genau an dieser Stelle zu sparen. Denn Teil dieser Krise sind grassierende Fake-News und Verschwörungsideologien, die durch Aufklärung und Wissenschaft einzudämmen sind. Dafür trägt die Universität als Hort der Aufklärung und der Wissenschaft elementare Verantwortung, der sie durch die Kürzungen nicht ansatzweise gerecht werden kann. "
So steht unserer Meinung nach das Thema des diesjährigen dies academicus im absurden Widerspruch zu dem, was gerade an unserem Fachbereich passiert.
Wir als Studierendenschaft sagen ganz klar, dass der Fachbereich jetzt schon am Limit ist und weitere Kürzungen sich noch weiter negativ auf die Lehre auswirken werden, welche teilweise schon jetzt eine Zumutung ist.
Dieser Zustand wird wohl kaum dadurch verbessert, dass auch Tutorien- und Studentische Hilfskraft-Stellen gestrichen werden, durch die eine notwendige Betreuung der Lehre geschieht - und die den Studierenden zum EINEN überhaupt einen Einblick in die Lehre und den Unibetrieb gewähren und zum ANDEREN - gerade in der Pandemie - dringend als Einkommensquelle benötigt werden. Schon jetzt schrecken die Zustände des Fachbereichs Studierende ab Profilmodule im FB 03 zu belegen oder gar in Marburg zu studieren.
Wie soll der Fachbereich dem Lehrauftrag gerecht werden, wenn jetzt schon Personalmangel herrscht und noch weitere Stellen unbesetzt bleiben? Wie stellen sich die hier Anwesenden und die Verantwortlichen eine qualitative Lehre unter diesen Umständen vor?
Als Studierenden Initiative, fordern wir von den Anwesenden eine wirklich demokratische Einbindung der Studierendenschaft und, dass sie uns im Kampf für eine qualitativ hochwertige Lehre und eine wirklich angemessene Grundfinanzierung des Fachbereichs, sowie der Lehre im Generellen unterstützt.
Als Sofort-Programm schlagen wir vor:
1. massive Reduktion der Prüfungslast, damit Prüfungen zur Rückmeldung im Lernprozess
statt zur Selektion für die Verwertung werden
2. universitätsweite Themensemester, welche durch Zusammenarbeit unter einer
gemeinsamen Fragestellung zur Lösung der drängenden gesellschaftlichen Probleme
unserer Zeit (ökologisch nachhaltiges Wirtschaften, Fluchtursachenbekämpfung, zivile
Konfliktlösungen und soziale Ungleichheit) beitragen
3. Sofortige Öffnung des Bafögs für alle als Vollzuschuss statt Studienkredite und
hochbürokratische "Überbrückungshilfen"
4. Sofortiger Stopp der Einsparmaßnahmen im Fachbereich 03. Der Fachbereich leistet einen wertvollen Beitrag zur Krisenlösung! Daher gehört der Fachbereich ausgebaut und bedarfsorientiert ausfinanziert statt eingedämmt!
Da aus den vorherigen Beiträgen des Präsidiums ersichtlich war, dass sie sich nicht mit anderen Unis vernetzen wollen um Druck auf Wiesbaden (Sitz der hessischen Landesregierung) auszuüben, möchten wir anmerken, dass wir uns bereits mit anderen Universitäten vernetzen. Denn wir sehen hier kein individuelles Problem unseres gesellschaftwissenschaftlichen Fachbereichs und auch nicht der Marburger Uni alleine. Dies ist ein strukturelles Problem, welches alle Unis in Deutschland und Europa betrifft. Deshalb stellen wir uns klar gegen die Individualisierungstendenz, die sich auf der Aussage begründet, der Fachbereich sei alleinig Schuld an dieser Lage.
Wir möchten des Weiteren betonen, dass wenn wir keine Unterstützung von Seiten der Universitätsleitung bekommen durchaus weitere Protestaktionen im Raum stehen.
Eine dieser Möglichkeiten ist zum Beispiel ein Streik.
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