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Unsere Fragen an den Senat - Ein Bericht der Senatssitzung vom 5.05.2021



Am Mittwoch den 5.5. tagte mal wieder der Senat unserer Universität. Die Aufgabe des Senats besteht vor allem darin, die Arbeit des Präsidiums (quasi die „Geschäftsführung der Uni“) zu überwachen. Besetzt ist der Senat zu mindestens 50% mit Professor*innen, und nur 25% Studierenden. Ihr findet das undemokratisch? Wir auch! Wir wollen eine Viertelparität, also jeweils 25% für alle Mitgliedsgruppen der Uni (25% Prof*s; 25% Studis; 25% Mittelbau und 25% Technisch-Administrative), wie das in manchen Universitäten schon praktiziert wird. Die Uni Marburg und das Land Hessen jedoch, wehren sich dagegen und berufen sich dabei auf ein 50 Jahre altes Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Von den progressiven Kräften, für die Marburg berühmt ist, ist in Senat und Präsidium jedenfalls nichts zu merken, eher scheint es wie eine seit langem überholte Konstruktion, ein Überbleibsel der autoritären Ordinarienuniversität.


Wie dem auch sei, wir waren bei der öffentlichen Senatssitzung und haben gesprochen und Fragen gestellt. Auch das ist eigentlich nicht vorgesehen. Rederecht haben nicht alle in diesem "demokratischen" Gremium. Aber wir haben das Glück, dass jemand vom SDS Marburg als studentischer Vertreter im Senat sitzt, denn er konnte uns das Rederecht erkämpfen/beantragen, was uns widerwillig erteilt wurde. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön dafür!


Gesprochen für ReVerBi hat Lulu. Sie thematisierte vor allem die Sparmaßnahmen an der Universität, mit denen am FB 03 das Defizit beseitigt werden soll und die Auswirkungen auf Forschung und vor allem Lehre. Sie fragte unteranderem, ob die Unileitung beabsichtige das aktuelle Prinzip der Hochschulfinanzierung in den Verhandlungen mit dem Land, welches für die Finanzierung der Hochschulen verantwortlich ist, zu kritisieren. Und wie sie zu der Kopplung der Finanzierung an die Studierendenzahl, welche doch höheren Schwankungen unterliegt, stehen würde. Außerdem kritisierte sie, die Intransparenz beim Umgang mit den Informationen zum Defizit und den geplanten Maßnahmen seitens der Universität.


Auch die Initiative Mittelbau war anwesend und hatte eine Frage: Wie werden die Gelder, die die Universität im Rahmen des neuen Hochschulpakts für 2021 als einmalige Budgeterhöhung um 6% erhalten hat, verteilt, und weshalb wird dieses Geld nicht zur Ausfinanzierung des Fachbereichs 03 (und generell der FBs, die es am dringendsten nötig haben) eingesetzt?

Eine gute Frage, die einer angemessenen und ausführlichen Antwort bedurft hätte.


Die Reaktionen der Senatsmitglieder sprachen Bände. Zuerst warf man uns auf paternalistische Weise vor, wir wüssten nicht wovon wir redeten, die Zahlen die wir hätten seien nicht richtig (z.B., dass die Vakanz der offenen Stellen nur 1 Jahr und nicht anderthalb sei), das man nichts von 6% mehr Geld im Jahr 2021 wisse und so weiter. Wir erklärten den Anwesenden dann, dass wir die Informationen aus den einzelnen Gremien haben, in denen Sie ja eigentlich auch vertreten seien. Daraufhin wichen die Präsidentin Krause und auch Frau Pankuweit den Fragen aus und waren erpicht darauf das Thema zu wechseln. Welches allerdings auch Bezug zu den finanziellen Problemen hatte. Nina Schuhmacher fragte für die Gleichstellungskommission nach, ob nicht Entlastungsstellen erschaffen werden könnten, da durch die Onlinelehre gerade viel Mehrarbeit anfallen würde und es vor allem Beschäftigte mit Kindern sehr schwierig hätten. Die vorher hochgehaltenen Leitlinien zu "Gleichstellung und Abbau sozialer Schranken" wurden, durch die negative Antwort mit fast entrüstetem Verweis auf die finanzielle Lage der Uni, als schlichte Lippenbekenntnisse und Worthülsen enttarnt.


Wir waren, nun ja, eher nicht überrascht, dass sich die Damen und Herren mit den genauen Zahlen nicht auskennen. In Anbetracht der Tatsache, dass wir, die Studierenden, die Finanzen der Uni besser im Blick haben, als Senat und Präsidium halten wir es nur für folgerichtig diese auch zu verwalten, damit das wenige Geld, was vom Land kommt nicht in sinnlosen Projekten versickert, über die niemand mehr Überblick hat, sondern dort eingesetzt wird, wo es am Nötigsten ist: In der Lehre und freien Forschung.


Hier ein Absatz über Unterfinanzierung durch Land und Bund würde ich sagen

Ironischerweise wird immer dann, wenn es um die Finanzierung geht, die sogenannte "Hochschulautonomie" und "Fachbereichs-Autonomie" als Trumpfkarte gespielt. Als die Haushaltssperre auferlegt wurde, galt dies nicht. Auch bei der Grundfinanzierung wird die Autonomie durch Drittmittel nahegelegt - Autonom, aber nur bei den Einnahmen - nicht in der Demokratie.

Während der Hochschulpakt über Jahre hinweg keine Erhöhung erhielt, wird die einmalige 4% Steigerung des Grundbudgets im neuen Hochschulpakt abgefeiert, während an Unis die Tariferhöhungen und gestiegenen Kosten der letzten Jahre und Jahrzehnte bürden. Unbefristete Lehrstellen können deshalb mittlerweile im Beamt*innen-Museum bestaunt werden. Vernünftige Bildungszusammenhänge unter pädagogisch sinnvollen Diskussionsteilnehmenden sind nicht mehr vorgesehen.

Das Land will also nichts tun gegen die weitere Deregulierung der Universitäten im Sinne des Marktes, gegen den Verwertungsdruck, dem die Wissenschaft ausgesetzt ist und gegen die Unterfinanzierung der Unis. Da sollten sich doch jetzt die Hochschulrektor*innen, also die Universitätsleitungen ganz Hessens, treffen und gemeinsam auf die Barrikaden gehen, um das Land und die Ministerin für Wissenschaft und Kunst, Angela Dorn (B90/die Grünen), umzustimmen, so könnte man meinen.

Nun, das sind Punkte, die wir auch gefragt haben. Die Antworten verbuchen wir unter mangelhaft.


Die Frage was das Präsidium und der Senat denn zu tun gedenken, um mehr Geld vom Land zu bekommen, wurde abgeblockt. Es gebe keine Möglichkeit mit dem Land zu verhandeln, es sei genug Geld da - der Fachbereich habe schlecht gewirtschaftet und dem entgegengesetzt: es wäre ein bundesweites Problem, das nicht an der Uni-Marburg gelöst werden könne usw. usf. Es waren die selben, leeren und sinnlosen Worthülsen, die auch auf der sogenannten Vollversammlung (die die auf 40 Teilnehmer*innen beschränkt war, ein Bericht dazu ist hier zu finden) in den Raum geworfen wurden. Besonders gefreut haben wir uns über die Aussage von Präsidentin Krause, die meinte, dass die Uni von der Wirtschaft abhängig sei. Sagen wir ja schon die ganze Zeit. Das sollte sich ändern, finden wir; Frau Krause findet, die Wirtschaft sollte gestärkt werden. Doch zu Ende gedacht heißt es, dass freie Forschung und gute Lehre von der Konjunkturlage abhängig sind!

Wir müssen daher erneut feststellen, dass Präsidium und Senat weder Willens noch fähig sind, sich in Wiesbaden für die eigene Universität einzusetzen! Das verurteilen wir. Es ist uns unklar, woher die paternalistische Arroganz uns Studis gegenüber, bei gleichzeitiger Willfährigkeit gegenüber der Landesregierung, kommen kann.

Bleibt es also wieder an uns Studis hängen, das gerade zu rücken. Als hätten wir mit Onlinesemester, Nebenjob(-verlust) und Prüfungsmarathon nicht schon genug zu tun.


Auch über die von uns angesprochene Intransparenz seitens der Uni wurde gesprochen. Wir kritisierten, dass die Universitätsleitung mit den geplanten Einsparmaßnahmen nicht offen umgeht und die Studierenden nicht proaktiv darauf hinweist, dass Kürzungen anstehen. Dass wichtige Beschlüsse nicht über den Univerteiler gehen, und politische Aktionen ebenfalls nicht oder nur zensiert beworben werden. Reagiert wurde zum einen mit einer Schuldabwehr, die Fachbereiche und Institute müssten den Studierenden Bescheid geben, und zum anderen mit einer Schuldumkehr, nicht sie müssten uns informieren, sondern wir müssten eben nachfragen. Für die Informationsverteilung seien dann die Fachschaften zuständig, der Senat und das Präsidium hätten damit nichts zu tun. Nun dann müsste dennoch erst einmal die Information an die Fachschaften geleitet werden. Wir können uns diese Intransparenz nur so erklären, dass die Universitätsleitung genau weiß, dass wir weitere Kürzungen, die unser Recht auf Bildung einschränken und uns zu Produkten für den Arbeitsmarkt degradieren, nicht hinnehmen werden. Wir verurteilen diese antidemokratische Haltung der Universitätsleitung aufs Schärfste, sehen aber natürlich hier die Vorboten des autoritären Kapitalismus, wie er sich auch in anderen, vormals öffentlichen Bereichen, bemerkbar macht.


Zum Thema Transparenz: Konkret wurde von uns das bevorstehende Gespräch über die Lage am Fachbereich zwischen dem neuen Kanzler und dem Dekan des FB03 als Beispiel genannt und eine Öffnung für Vertreter*innen aller Mitgliedsgruppen der Universität gefordert. Die Antwort der Unileitung war, dass es bilateral eben schneller ginge und deshalb auch so bliebe.


Hinterzimmer-Gespräche gibt es also nicht nur bei der CDU, sondern auch an der UMR! Der neue Kanzler, Herr Held, wird demnächst also mit dem Dekan des Fachbereich 03 über dessen marode Finanzen beraten. Die Unileitung will das Treffen auch nicht demokratischer gestalten, sondern hält an einem nicht öffentlichen, bilateralen Gespräch fest und bietet auch nicht ergänzend ein offenes Gespräch mit allen Gruppen an. Also alles wie immer: vollkommen demokratisch.. ;)

Studis und akademischer Mittelbau sind nicht erwünscht und bei der Informationskultur, die wir bisher kennengelernt haben, werden wir darüber auch nicht unterrichtet werden, obwohl wir das explizit beantragt haben.


Da sich die Unileitung vorbehält die Studierenden nicht zu informieren, werden wir auch das übernehmen. Wir sind nun auch mit den anderen Fachbereichen in Kontakt, denn - Überraschung - auch da wird es Einsparmaßnahmen und Stellenstreichungen geben. Wahrscheinlich geht es ohnehin schneller so. Wir fangen an uns zu fragen, ob wir das Präsidium als Institution tatsächlich noch brauchen…


Zusammengefasst: Wir haben nichts erwartet und waren doch enttäuscht. Die Intransparenz wird nicht als Problem gesehen, Gelder vom Land versickern in irgendwelchen Projekten, statt in die Finanzierung der Fachbereiche zu fließen, sich für die eigenen Studis einzusetzen wird abgelehnt und die Arbeit bleibt weiterhin am befristet beschäftigten und überarbeiteten Mittelbau hängen. Wir werden das ändern, zusammen mit euch!

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